Freytag & Berndt zieht aus. Die Buchhandlung verlässt den Kohlmarkt 9 laut Maklerkreisen für eine Ablöse im sechsstelligen Bereich. Dafür wird der Vermieter, die Versicherungsanstalt des österreichischen Notariates, einiges mehr an Miete lukrieren können: Die Nettomieten auf Wiens nobelster Einkaufsmeile, bereits eine der zehn teuersten Shoppingmeilen der Welt sind heuer weiter gestiegen. Laut dem neuesten Geschäftsflächenbericht des Maklers EHL, der dem WirtschaftsBlatt exklusiv vorliegt, werden am Kohlmarkt derzeit bis zu 400 € pro Quadratmeter im Monat verlangt, also 4800 € jährlich (2013: 370 €, Anm). Das gab es zuletzt vor der Krise.

 

Noch 2011 waren 320 € für Mini-Läden rare Ausreißer, heute werden selbst für große Geschäfte 350 € bezahlt. „Es gibt noch viel Potenzial nach oben", sagt EHL-Geschäftsführer Michael Ehlmaier. „Die Nachfrage nach Geschäftsflächen auf dem Kohlmarkt, am Graben und in der Kärntner Straße ist enorm, die Leerstandsrate liegt bei kaum wahrnehmbaren 1,9 Prozent."

 

Kleinere Händler müssen sich die hohe Miete verdienen. Großkonzerne nehmen hingegen oft in Kauf, dass sich das „Goldene U" nicht rechnet und betreiben den Standort aus Imagegründen. „Auch Niedermeyer hatte Filialen dort", sagt Ehlmaier. Dazu kommen alteingesessene Firmen, die sich dank günstigen Altmieten jahrzehntelang halten, irgendwann aber der Versuchung der hohen Ablöse erliegen.

 

B- und C-Lagen leiden

 

Abseits des „Goldenen U" sind Geschäftsflächen in Wien im internationalen Vergleich günstig - mehr als 30-40 € pro Quadratmeter im Monat werden selten gezahlt. Allein die Favoritenstraße hat in den vergangenen Jahren im Sog des Hauptbahnhof-Projektes etwas aufgeholt. Andere B- und C-Lagen leiden jedoch trotz günstigen Mieten an Leerstand, der laut EHL oft im „deutlich zweistelligen Prozentbereich" liegt.

 

Während das Topsegment anzieht, dümpeln Meidlinger Hauptstraße oder Thaliastraße seit Jahren bei Mieten um zehn € je Quadratmeter im Monat herum; Wohnen kostet dort oft mehr.

 

„MaHü" vor Exodus

 

Die Mariahilfer Straße ist mit Mieten zwischen 40 und 150 € pro Quadratmeter im Monat die teuerste Einkaufsmeile Österreichs außerhalb des „Goldenen U" - danach folgt noch vor Wiener B-Lagen und anderen Landeshaupstädten die Linzer Landstraße mit Spitzenmieten zwischen 110 und 130 €.

 

Ehlmaier ortet auf der „MaHü" eine „kritische Phase": Frequenzen seien um bis zu 15 Prozent gesunken, viele Geschäftslokale stehen leer, bei Neuvermietungen sei die Tendenz „sinkend". Ohne Comeback für den Autoverkehr, würden Möbelhändler und Haushaltswarenshops abwandern. Die Neubaugasse sei bereits eine „echte Alternative" mit günstigeren Mieten (20 bis 65 €, Anm.).

 

Oder Einkaufszentren: Die Mieten-Spitzenreiter bei EKZ, SCS und Donauzentrum sind mit 40 bis 105 € je Quadratmeter im Monat günstiger als die „MaHü".

 

Quelle: wirtschaftsblatt.at