Forscher, Planer und Wohnbauvertreter aus halb Europa diskutierten vergangene Woche in Wien am "BauZ!"-Kongress des Instituts für Bauen und Ökologie über Gebäudesanierung im Allgemeinen und Verdichtung von Quartieren im Speziellen. Auch wenn die beiden Begriffe dabei naturgemäß oft in einem Atemzug genannt wurden, kommen sie keineswegs immer im Doppelpack daher. Wenig Verdichtung findet sich beispielsweise in Serbiens Wohnquartieren, wie Vladimir Jovanovic berichtete: "Wir haben traditionellerweise einen Einfamilienhausanteil von 70 Prozent." Eine von ihm selbst erstellte Studie belegt, dass niedrige Energiepreise die Ursache für einen nicht nachhaltigen Umgang mit Energie sind und sich dadurch Sanierungen auch nicht amortisieren würden.

 

Sanierungsimpuls

 

Verdichtung zahlt sich aus, weiß man hingegen in Barcelona, wo in einem großen ehemaligen Industrieviertel eine nachhaltigere Stadtstruktur angeregt werden konnte. Begonnen hatte es im Gebiet Poblenou mit dem Bau des olympischen Dorfes in den späten 1980er-Jahren. Erst dadurch wurde in dem Gewerbegebiet auch Wohnbebauung möglich. "Wir verfolgen konkret den Plan, mehr Ausnutzung und auch neue Nutzungen im Gebiet zu haben", erläuterte Arantxa García von der Stadtverwaltung den eingeschlagenen Weg. Die traditionellen, geometrischen Baublocks wurden dabei in fast 150 Fällen in Kooperation mit den Grundeigentümern neu gestaltet. Besonders stolz ist man auf das hohe Ausmaß der privatwirtschaftlichen Beteiligung, die man mit der Bereitstellung von Infrastruktur und einer höheren Ausnutzung der Bauflächen erzielen konnte. Im Gegenzug wurden jeweils dreißig Prozent der Flächen für Sozialwohnbau, Grünräume oder für soziale Einrichtungen zur Verfügung gestellt.

 

Heimische Beispiele

 

Den österreichischen Weg zeigte das Beispiel einer Siedlung im Salzburger Stadtteil Lehen auf. In der Strubergasse wurde eine Fünfzigerjahre-Blockbebauung mit 600 Wohnungen saniert, teilweise aber auch abgerissen und neu errichtet. Beim Bauherrn, der Baugenossenschaft gswb, ist man stolz auf das jährliche Sanierungsvolumen von 24 Millionen Euro. Was die Art zu sanieren angeht, erläuterte Unternehmenssprecher Alexander Tempelmayr: "Wir sanieren immer mit den Bewohnern im Haus." Das ginge aber nur, wenn sich der Aufwand mehr oder weniger auf die Gebäudehülle und die Haustechnik beschränken lasse. Ohnehin sei das Ausmaß einer Renovierung Abwägungssache, sagte Rosalinde Kleemaier-Wetl, Consulterin in Bau- und Sanierungsfragen: "Ausgegangen wird grundsätzlich von der Nutzungsdauer und einkalkulierbaren Förderungen, aber auch den Einsparungen bei den Energiekosten."

 

Zumindest bei privaten Vermietern sei da der Konnex aber nicht so gegeben. Deren Interesse, nachhaltig zu sanieren, sei beschränkt - weil die Energiekosten ohnehin der Mieter zahlt. Allerdings, so die Beraterin, gebe es doch Rückkoppelungseffekte: "Zunehmend achten Mieter auf die Gesamtkosten, und dann wird auch der Energieverbrauch ein Thema." Indirekt auch für den Vermieter, weil es nämlich wieder eine Rolle spiele, ob ein Gebäude insgesamt an Wert verliert oder ob es vielleicht mit hohem Energieverbrauch schlechter vermietbar ist.

 

"Kein Zuschlag im Mietrecht"

 

Der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) ist das nicht direkt genug, denn für sie ist die Refinanzierung der Sanierungsmaßnahmen ausschlaggebend; und diese sei oft schwierig. "Ich kenne im Mietrechtsgesetz keinen Zuschlag für gesunde Immobilien", formulierte ÖGNI-Präsident Philipp Kaufmann in Anspielung auf die regulierte Preisbildung bei Altbauten.

 

Lieber bei der Nachverdichtung ansetzen und diese sogar zu verordnen ist ein Weg, den man in der Schweiz geht. Laut einer doch recht nachvollziehbaren Untersuchung der Metron Raumentwicklung AG liegen nämlich die Verdichtungs- und damit auch die Energiesparpotenziale weniger in dichten Kernstädten brach, sondern eher bei den suburbanen Siedlungsräumen.

 

Quelle: Peter Matzanetz, DER STANDARD, 22.2.2014