WirtschaftsBlatt: Wie gut oder schlecht schlafen Sie, wenn Sie an ihr Portfolio in CEE denken?

Bruno Ettenauer: Ich wirke hoffentlich ausgeschlafen heute. Das zeigt, dass ich, was das Portfolio betrifft, gut schlafen kann. Man muss konzentriert sein und sich durchaus auf die eine oder andere Überraschung einstellen. Aber das ist nichts Spezifisches für Osteuropa. Wenn ich an andere Branchen denke, schlafen wahrscheinlich einige deutlich unruhiger als wir.

Eduard Zehetner: Vor Osteuropa haben sich vor fünf Jahren einige geschreckt. Fünf Jahre nach Lehman muss man sich nicht mehr schrecken. Wir haben dort schon lange die Talsohle durchschritten. Wenn ich auf das Transaktionsinteresse schaue in den letzten sechs bis zwölf Monaten, dann ist das relativ stark gestiegen. Das wird noch besser werden: Die Leute, die Geldanlage suchen, für die ist nichts mehr da in Westeuropa. Langsam gehen sie auch wieder nach Osteuropa.

Markus Neurauter: Es ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Wir alle haben unsere Hausaufgaben gemacht und sind gut aufgestellt.

Bernd Winter: Betreffend die Bewertungen von Immobilien sind die Altlasten im Osten zumindest bilanziell weitestgehend verdaut. Ausgehend von sehr euphorischen Annahmen vor der Lehman-Pleite haben sich die Gutachten auf mittlerweile realistische, teilweise sogar eher konservative Werte eingependelt. Die Luft nach unten sollte somit aus den Bilanzen draußen sein und bei entsprechendem Anspringen der Konjunktur in diesen Ländern ist dort durchaus Fantasie drinnen: Wenn der Osten auch wirtschaftlich wieder zur Normalität findet, ergeben sich dort sicher interessante Möglichkeiten.

Sehen das auch die Entwickler so? In puncto Neubau sind in Osteuropa doch derzeit alle eher vorsichtig.

Markus Neurauter: Wir sind bei Neuinvestitionen sehr vorsichtig. Das Investorenverhalten ist zaghaft. Es ist eine große Zurückhaltung zu spüren. Das macht es für uns als Entwickler nicht einfach.

Anton Bondi de Antoni: In den letzten Jahren haben sich die Märkte selbst ein bisschen differenziert: Ich schlafe beispielsweise schlecht, wenn ich an meine zwei Grundstücke in Ungarn denke. Wir merken aber, dass in verschiedenen Ländern das Investoreninteresse jetzt kommt: In Bulgarien tut sich nichts, in Rumänien tut sich ein bisschen was.

Friedrich Wachernig: Ungarn ist tatsächlich ein Markt, wo sich gar nichts tut. Da ist die politische Situation ein Hemmschuh. Wenn man in Russland und Polen unterwegs ist, hat man es wahrscheinlich leichter.

Ettenauer: Tradings sind Teil des Geschäfts, aber nicht das ausschließliche. Wenn man sich für einen Markt erklärt hat, muss ich zwei, drei, vier Jahre aushalten. Eine Immobilie steht 20,30,40,50 Jahre. Da mache ich mir doch wegen zwei, drei Jahren kein Kopfzerbrechen. Wenn man sich das Transaktionsvolumen anschaut, würde ich sagen 75,80 Prozent haben in Polen und Russland stattgefunden von den sieben Milliarden. Was den Transaktionsmarkt massiv beeinträchtigt, ist, dass die Finanzierungswilligkeit der Banken nicht überschäumend ist.

Zehetner: Ich kann das nur unterstreichen. 80 Prozent unserer Einkünfte kommen aus der Bestandshaltung. Die Renditen in Osteuropa sind ja hervorragend. In Russland bewegen sie sich im zweistelligen Bereich und ansonsten überall im hohen einstelligen Bereich. Von daher können wir nicht jammern.

Wie läuft die Vermietung, wie wichtig sind Vorvermietungen?

Neurauter: Was jetzt vermietet wird, sind Core-Immobilien. Es übersiedeln jene, die vor fünf, sechs Jahren horrende Mietverträge abgeschlossen haben. Es ist ein Verdrängungswettbewerb.

Ettenauer: Wenn ich 40 oder 50 Prozent Vorvermietung verlange und 30.000 Quadratmeter baue und einen 10.000-Quadratmeter-Vorvermieter habe, baue ich aber trotzdem. Ein bisschen Mut gehört schon dazu. Eine gesunde Vorvermietung ja, aber nicht sklavische 50 Prozent.

Wie sehen die aktuellen Planungen aus?

Zehetner: Wir bauen derzeit ein Shoppingcenter in Moskau fertig, das vor der Krise begonnen wurde und wo uns alle Schwierigkeiten begegnet sind, die einem in Moskau begegnen können. Wir schauen uns Optionen und Projekte an -auch im Wohnbau. Wir werden sicher in den nächsten zwei, drei Jahren mal wieder etwas Neues beginnen -eher früher als später.

Neurauter: Wir werden uns von einigen Märkten zurückziehen. Das evaluieren wir.

Wachernig: Im Grunde genommen beobachten wir eher die allgemeine Marktlage. Der Fokus bei uns ist, dass es eher wieder in Richtung Westeuropa geht. Das ist auch eine Frage der Finanzierung.

Peter Oismüller: Auch wir konzentrieren uns auf Westeuropa -speziell auf Österreich, wo das Potenzial im Wohnbau derzeit nachfragebedingt sehr groß ist. In CEE haben auch viele Billiganbieter den Markt ruiniert.

Diese Billiganbieter leben aber von den Banken ...

Zehetner: Wir brauchen Billiganbieter, die von den Banken gesponsert werden, nicht; die klassischen Vorkrisen-Developer mit 100 Prozent Fremdkapital und minus zehn Prozent Eigenkapital.

Bondi: Das ist einer der guten Effekte der Krise. Bis 2006 galt die Devise: größer, schöner, besser. Wenn wir mit großen Fonds gesprochen haben und gesagt haben: "Wir haben ein 100-Millionen-€-Projekt", dann hieß es: "Ist nett, aber hast du nicht auch etwas um 200 Millionen €?". Jetzt habe ich kleinere Losgrößen, die sich hoffentlich schneller drehen.

Winter: Die Expansion in den Osten wurde zum ganz überwiegenden Teil von österreichischen Banken in Euro finanziert. Die Banken sind -auch aufgrund der Erfahrungen in den letzten Jahren -sehr zurückhaltend, was Finanzierungen betrifft. Des Weiteren ist es kaum möglich, lokale Finanzierungen zu bekommen, da ist Russland wahrscheinlich die einzige Ausnahme. Was diesbezüglich hinzukommt, ist ein mit diesen Finanzierungen einhergehendes Währungsrisiko, wenn die Kreditverbindlichkeit in Euro ist, die Umsatzerlöse aber in lokaler Währung erzielt werden.

Gibt es Trends, die sich bei den Assetklassen abzeichnen?

Wachernig: Wir sehen zumindest bei unseren Hotelprojekten, die wir in Osteuropa haben, eine positive Bilanz. Wir verdienen mit unseren Hotels sehr gut. Aber ich würde jetzt nicht in neue Hotelinvestments gehen.

Gibt es viele steuerliche Vorteile für Immobilieninvestoren in Osteuropa?

Reinhard Rindler: Aus steuerlicher Sicht ist festzustellen, dass die CEE-Länder im Zuge des EU-Beitritts attraktive steuerliche Rahmenbedingungen geschaffen haben, um so ausländische Investoren anzulocken. So liegen beispiel-sweise die Körperschaftsteuersätze unserer osteuropäischen Nachbarländer teilweise erheblich unter dem 25-Prozent-KöSt-Satz in Österreich. Diese steuerlichen Vorteile sind jedoch in den letzten Jahren vor allem in wirtschaftlich schwachen Ländern wieder deutlich geringer geworden.

Die Gretchenfrage: Wann kommt der Aufschwung?

Zehetner: Der kommt, wenn es den allgemeinen Wirtschaftsaufschwung gibt, wenn wieder investiert wird. Derzeit wird nicht investiert. Wir können noch so viele Häuser hinstellen. Wir werden den Wirtschaftsaufschwung nicht stimulieren. Wir erfinden auch keine neuen Produkte -wir bauen Häuser.

Ettenauer: Wenn man sich die letzten fünf Jahre anschaut, dann ist sehr viel Kapital in Schwellenländer gegangen. Osteuropa wurde gar nicht mehr wahrgenommen. Ich glaube, da wird es eine Rückbesinnung geben. Das Einzige, was die Immobilienwirtschaft nicht machen sollte, ist, dass sie die doppelte Menge dessen hinstellt, was normalerweise gebraucht wird.

Was passiert mit den Märkten, wenn die Österreicher jetzt erst mal abwarten?

Zehetner: Die Aussichten sind dieselben, die die ganze EU hat. Noch mal: Es muss eine Stimmungsänderung eintreten und ein Ereignis auftreten, das in Osteuropa einen Wirtschaftsaufschwung generiert. Da Westeuropa kein Geld hat, weil es nach Griechenland, Zypern et cetera geschickt wird, tut sich nichts in Osteuropa.

Neurauter: Das Potenzial ist vorhanden. Nur die Wirtschaft wächst zu langsam und zu wenig. Wir hoffen, dass sich das bald ändert.

Oismüller: Wir sind in einem Normalzustand und es ist gut, dass wir in einem Normalzustand sind.

Zehetner: Keiner von uns macht Verluste. Wir haben in Summe über unser Portfolio seit 30. April 2009 nicht abgewertet. So wird es bleiben. Wenn es ein bisschen besser geht, sind wir nicht böse, aber es wird nicht explodieren.

Ettenauer: Mit Überraschungen muss man rechnen -auch mit negativen.

(WirtschaftsBlatt, Kathrin Gulnerits, Andre Exner, 2013-10-02)